Ludwigsfelde gewinnt 7:1 gegen Wittstock

Es gibt diese denkwürdigen Tage im Jahr, an denen beinahe alles klappt – und der vergangene Sonntag war einer davon.

Am 24.04.2022 spielten wir unser sechstes Ligaspiel der Saison 2021/22. Erneut durften wir mit dem SC Wittstock einen neuen Gast im Waldhaus begrüßen: Die Zusammenlegung der ehemaligen Regionalligen Nord und West brachte in der aktuellen Saison bereits mehrere neue Ansetzungen. Man kann durchaus behaupten, dass dies die Saison abwechslungsreicher macht als üblich und definitiv auch spannender – schließlich weiß man nie so genau, was einen denn nun eigentlich erwartet.

Ausgangslage

Nach unserem Erfolg in der Liga gegen den SC Oberkrämer vor 3 Wochen, den Osterfeiertagen und unserem Schachturnier am Karfreitag hatten wir uns vorgenommen, die Tabellenführung zu verteidigen und nach Möglichkeit einen weiteren Sieg zu erringen. Wittstock hingegen hatte seit dem letzten regulären Ligaspieltag ein Nachholspiel absolviert und konnte nun als Tabellendritter hoffen, mit einem Sieg selbst in die Gruppe der Aufstiegskandidaten aufzurücken.

Der Ludwigsfelder Schachclub konnte zum vierten Mal in Folge mit allen 8 Stammspielern antreten. Der SC Wittstock ließ hingegen das achte Brett frei.

Damit gewann Hagen wieder einmal kampflos und der Ludwigsfelder Schachclub startete mit einem Brettpunkt Vorsprung in den Wettkampf.

Thilo opfert sich den Weg frei

Am schnellsten ging es dieses Mal bei Thilo, aber Schnelligkeit im Schach ist relativ. Beide Spieler waren sehr früh aus der Theorie und investierten jeweils mehr als eine Viertelstunde für ihre ersten vier Züge. Wer anschließend einen Blick auf die Stellung warf, hätte beinahe glauben können, die Partie wurde in der Schachvariante „Horde“ ausgetragen: Beide Spieler entwickelten keine Figuren und die Eröffnung wurde zunächst nur mit Bauern gespielt.

Doch Thilo hatte sich etwas dabei gedacht.

Er besetzte das Zentrum mit seinen Bauern und erreichte eine für ihn sehr vorteilhafte Stellung mit deutlichem Entwicklungsvorteil.

Eine Traumstellung für Weiß.

Ohne lange zu zögern, spielte Thilo das „Greek Gift“ – das typische Läuferopfer auf h7. Schwarz kann es unmöglich annehmen, aber auch die Ablehnung des Opfers ist nicht möglich. So wurde es ein schneller, sauberer, starker Sieg für Thilo und der zweite Brettpunkt für den LSC.

Kurt lässt sich überreden

Die zweite Entscheidung ergab sich bei Kurt. Aus der Eröffnung heraus gewann er einen Bauern und spielte fortan mit einem recht soliden Mehrbauern. Dementsprechend lehnte er das erste Remisangebot seines Gegners ab und versuchte es stattdessen mit einem Angriff gegen den schwarzen König. Doch als sein Gegner die Stellung stabilisierte und das Mittelspiel schärfer wurde, ließ Kurt sich doch noch auf das Remigangebot ein.

Damit fuhr er einen halben Punkt ein für den LSC und es stand 2½ zu ½.

An den restlichen fünf Brettern wurde währenddessen intensiv gekämpft, ohne dass sich zunächst klare, entscheidende Vorteile erkennen ließen. Bei Michel sah es zwischenzeitlich sogar eher düster aus.

Reiko mit der richtigen Taktik

Reiko spielte wieder einmal eine sehr spannende, eindrucksvolle Partie. Gerade als sein Gegner zum Angriff ansetzte, nutzte Reiko eine Fesselung zum Bauern- und Tempogewinn. Dies war entscheidend, denn nicht nur war es ein wichtiger Bauer, den er herausnahm, auch das gewonnene Tempo war extrem wichtig. Dadurch störte er den gerade anlaufenden gegnerischen Angriff empfindlich, brachte diesen völlig durcheinander – und kurz danach fiel die Stellung seines Gegners auseinander. Reiko gewann und wir standen bei 3½ zu ½.

Nun näherte sich der Wettkampf der ersten Zeitkontrolle und es deutete sich an, dass mindestens einer der verbliebenen Ludwigsfelder wohl gewinnen würde. Auch Michel hatte seine schwierige Partie inzwischen wieder unter Kontrolle: Sein Gegner hatte zwischenzeitlich starken Angriff bekommen, aber Michel wusste, wie er sich verteidigen musste.

Rafael opfert seinen Springer

Vorne am ersten Brett hatte Rafael bereits seit Beginn des Mittelspiels einen Bauern mehr, aber es war ein schwacher Bauer, den er über kurz oder lang wieder verlieren würde. Dann aber plante er ein Springeropfer inmitten der gegnerischen Stellung, durch das er den wackeligen Mehrbauern gegen einen vollwertigen Bauern des Gegners tauschen und zugleich seine Figuren aktivieren konnte. Zwei Züge später war das Opfer tatsächlich möglich – und nicht nur Rafaels Gegner machte ein überraschtes Gesicht.

Nun galt es nur noch, die Zeit zu überbrücken, denn trotz vermeintlich schnellem Spiel verblieben nur noch wenige Minuten bis zur Zeitkontrolle und es waren noch erstaunlich viele Züge zu absolvieren.

Doch Rafaels Stellung war nun solide, sein Gegner verbaute sich zeitweise selbst die Chancen auf Gegenspiel und Rafael schaffte es, noch während der Zeitnotphase seinen zweiten Turm zu aktivieren. Damit war die Stellung theoretisch gewonnen. Dann fand er sogar noch den entscheidenden Einschlag, der die Partie kurz vor Ablauf der ersten Bedenkzeit entschied – und damit den Mannschaftssieg sicherte.

René verspielt starken Königsangriff

Fast zeitgleich ging auch die Partie am zweiten Brett zuende. René hatte sich zwischenzeitlich einen deutlichen Vorteil erspielt und setzte seinen Gegenspieler mit starkem Königsangriff unter Druck. Doch irgendwo verlor er zu viel Zeit, bezog nicht all seine Figuren in den Angriff ein – und sein Gegner konnte den Angriff verteidigen. Plötzlich war es wieder René, der um das Remis kämpfen musste.

Doch Renés Widerstandskraft ist gut bekannt. So willigten schließlich beide Spieler in das Unentschieden ein.

Frank gewinnt gleichfarbiges Läuferendspiel

Anders als manch seiner Mannschaftskollegen ging Frank den Wettkampf deutlich ruhiger an. Während an den anderen Brettern wild taktiert und geopfert wurde, verwaltete Frank in aller Seelenruhe seine etwas aktivere, leicht bessere Stellung. Sowas kann Frank sehr gut. Er wartete einfach ab, bis der Wettkampf zu unseren Gunsten entschieden war, blieb im berühmten „Plus-Equals-Mode“ (John Nunn) und hielt sich alle Möglichkeiten offen.

Und eines Tages, viel später, sagte er sich: Jetzt könnte man die Partie doch so langsam mal gewinnen.

Also warf er einen kritischen Blick auf das gleichfarbige Läuferendspiel vor ihm, das von außen ausgeglichen wirkte – und gewann es.

Michel behält die Nerven

Damit verblieb nur noch die Partie am dritten Brett.

Diese war für alle Kiebitze interessant und spannend – vielleicht zu interessant, denn als das Plättchen von Michels Gegenspieler genau im 40ten Zug fiel, wollten plötzlich alle mitreden. Regelwissen war gefragt und richtigerweise wurde die Diskussion außerhalb des Spielsaals weitergeführt. Die Partie wurde fortgesetzt – hätte aber auch bereits zu Ende sein können.

Doch wie sah es eigentlich auf dem Brett aus? Michel hatte nur noch einen Turm und zwei Bauern, sein Gegner einen Turm und einen Springer. Es ging um Endspieltheorie und im Grunde hatten beide Spieler relativ einfache Wege zum sicheren Remis – stattdessen versuchten jedoch beide, zu gewinnen. Ging das überhaupt?

Dann war erneut Regelkunde gefragt, als diesmal Michels Gegner nach einem ungültigen Zug sofort auf Sieg reklamierte. Doch die FIDE-Regeln sagen ganz klar, dass erst der zweite ungültige Zug die Partie verliert – und so wurde erneut weitergespielt. Am Ende hatte Michel die besseren Nerven, spielte seine Cleverness aus und erhöhte mit einem weiteren Sieg unser Super-Ergebnis auf 7:1. Nach der Situation im 40ten Zug war dies wahrscheinlich das letztlich „korrekteste“ Ergebnis der Partie.

Ludwigsfelde gewinnt deutlich mit 7:1

Damit bezwangen wir den Tabellendritten SC Wittstock mit 7:1 und setzten uns weiter an der Tabellenspitze fest. Gewonnen ist damit jedoch noch nichts! Warten wir zunächst mal die drei Spiele im Mai ab und hoffen, dass bis dahin alles gutgeht.

Am 08.05.2022 fahren wir zum SC Havelland nach Falkensee. Drückt die Daumen, dass unsere Serie hält!

Pl. Mannschaft MP BP Berl.Wrt.
1. Ludwigsfelder Schachclub I 12/12 39 159.5
2. SV Hellas Nauen II 12/14 35.5 156
3. Schach-Club Wittstock 10/14 30.5 126
4. ESV Kirchmöser 8/10 27 117
5. USV Potsdam III 6/12 24.5 122
6. Schachclub Havelland 5/10 17.5 84
7. SV Grün-Weiß Niemegk 4/10 19 87.5
8. SG Lok Brandenburg II 3/12 16.5 70
9. SV Empor Schenkenberg 2/10 13.5 69.5
10. Schachclub Oberkrämer 0/10 15.5 73
11. SV Werder I 0/10 9.5 51.5

Bericht von René und Rafael